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Klicktipp: Lilli Koenig: Detektivarbeit im Archiv – (K)eine Königsdisziplin (Podcast)

In der aktuellen Folge #29 des Podcasts Resonanzraum begeben sich Liisa Hättasch und Jasmin Hilbert auf Spurensuche ins Archiv – und halten Ausschau nach Personen, die zwar zu hören, aber nicht offiziell zu finden sind. Anhand des Beispiels der Autorin, Illustratorin und Verhaltensforscherin Lilli Koenig (1918-1994) wird beleuchtet, warum gerade Frauen in Archiven häufig unsichtbar bleiben.
Welche Person verbirgt sich hinter der Stimme, die bis vor kurzem namenlos war? Warum sind Frauen in Archiven oft unterrepräsentiert? Und wie kann dem entgegengewirkt werden? Hören Sie rein und finden Sie Antworten auf diese und weitere Fragen!

Österreichischen Mediathek (Web): Podcast Resonanzraum

#29: Lilli Koenig: Detektivarbeit im Archiv – (K)eine Königsdisziplin (31:48 Minuten) (Web)

Lilli Koenig – Eine Stimme zwischen den Zeilen
Wenn eine Frauenstimme in einem historischen Film erklingt, ohne im Abspann aufzutauchen, wie findet man sie dann wieder? Oder anders gefragt: Wenn eine Frauenstimme durchs Archiv rauscht, aber niemand sie verschlagwortet, war sie dann wirklich da?
Willkommen im Metadaten-Paradox, das zur Autorin, Illustratorin und Verhaltensforscherin Lilli Koenig geführt hat. Ihre Stimme tauchte zuerst bei der Recherche für einen Social-Media-Beitrag auf. Was als simpler Post begann, entwickelte sich bald zur detektivischen Spurensuche: Wer spricht da eigentlich über das Liebesleben der Anemonenfische?

Lilli Koenig, ausgebildet an der „Graphischen“ in Wien, war nicht nur die stille Stimme hinter der Kamera, sondern auch Jugendbuchautorin und Ko-Gründerin der Biologischen Station Wilhelminenberg, die sie 1946 mit Otto König in Wien aufbaute. Dort war sie an Verhaltensbeobachtungen sowie an der Realisierung der ÖWF-Filme beteiligt, meist ohne Anerkennung. Dass ihre Arbeit im Archiv lange unsichtbar blieb, lag weniger an ihrer Bedeutung als an Strukturen. Solche Lücken zeigen, wie sehr Archive auf Kontextarbeit angewiesen sind – ein Prozess, der nie abgeschlossen ist.
1956 ist Lilli Koenig im Archiv zum ersten Mal im Film „Verhaltensweisen junger Warzenschweine“ sowohl zu hören als auch zu sehen. Erwähnt wird nur ihr Mann Otto Koenig als Urheber, sie bleibt anonym. 1957 kommentiert dieselbe Frauenstimme die „Symbiosen zwischen Anemonenfischen und Riffanemonen“, erneut ohne Namensnennung. Erst 1959, in „Siebenschläfers Erwachen“, erscheint ihr Name schließlich im Vorspann.
Diese Fälle stehen exemplarisch für ein strukturelles Problem: Wenn Mitwirkung nicht dokumentiert wurde, bleibt sie für uns heute unsichtbar. Die Filme stammen aus der ÖWF-Sammlung des Österreichischen Bundesinstituts für den Wissenschaftlichen Film, die ab 1945 Lehr- und Forschungsfilme produzierte. Als die Sammlung 1997 an die Österreichische Mediathek übergeben wurde, war sie mit umfangreichem Begleitmaterial vergleichsweise gut dokumentiert – veranschaulicht in der Onlineausstellung „Wissenschaft als Film“ (Web).
Was bleibt sind Lücken, weil vieles nie dokumentiert wurde, was lang nicht als erwähnenswert galt. Etwa die Mitarbeit von Frauen, aber auch die Beteiligung anderer Ko-Autor:innen neben dem häufig zum Einzelgenie stilisierten Urheber. Ohne Namensnennung findet sich später auch kein Eintrag in der Datenbank, und bei tausenden Filmen fällt das oft erst auf, wenn jemand genauer hinschaut. Archivrecherche hat deshalb immer etwas von einem Überraschungsei: Man weiß nie, was darin steckt und ergänzt wird später, in Ausstellungen, Forschung oder Vermittlung wie Social Media. (Web)