Ungleiche Geschlechterverhältnisse sind noch immer tief in unsere Gesellschaft eingeschrieben. Der Kampf für die Befreiung der Frau von patriarchaler Unterdrückung, wirtschaftlicher Abhängigkeit und Sexismus sowie für soziale Gleichheit steht nach wie vor auf der Tagesordnung jeder wahrhaften emanzipativen und progressiven Bewegung.
Die Wiener Forscherin Julia Harnoncourt versammelt im Buch „Für die Befreiung der Frau“ Schriften und Analysen von Aktivistinnen und Theoretikerinnen aus zwei Jahrhunderten des Kampfes. Von den Kämpferinnen der ArbeiterInnenbewegung bis zu den Feministinnen nach dem Zweiten Weltkrieg, von der afroamerikanischen Frauenbewegung bis zu den Vertreterinnen des Globalen Südens, von Clara Zetkin und Simone de Beauvoir bis zur Zweiten Frauenbewegung der 1970er Jahre wird versucht, möglichst viele verschiedene Analyse- und Lösungsansätze zu Wort kommen zu lassen.
So zum Beispiel die Frage nach biologischem und sozialem Geschlecht oder nach gerechter Verteilung. Ein weiteres wichtiges Thema ist das Verhältnis von Frauen zur Arbeit, wobei Haus- und Pflegearbeit besonders kontrovers diskutiert wird. Der Slogan „Das Private ist politisch“ betrifft nicht nur die Hausarbeit, sondern auch den weiblichen Körper, Liebe und Sexualität. Im Kampf gegen die Ungleichheit stellt sich schließlich auch die Frage, mit wem überhaupt zusammen gekämpft werden kann. Können Männer die Interessen von Frauen vertreten? Und können von Rassismus oder globaler Ungleichheit betroffene Frauen mit weißen Frauen aus dem Norden gemeinsam um ihre Rechte kämpfen, wenn alle unterschiedliche Erfahrungen machen?
Das Buch „Befreiung der Frau“ zeigt verschiedene Perspektiven und Antworten aus unterschiedlichen feministischen Kämpfen und Regionen der Welt – mit Texten von: Aktion unabhängiger Frauen (AUF), Simone de Beauvoir, Veronika Bennholdt-Thomsen, Kimberlé Crenshaw, Mariarosa Dalla Costa, Angela Davis, Virginie Despentes, Zohra Drif, Valie Export, Frauen der EZLN, Maria Galindo, Olympe de Gouges, bell hooks, Selma James, Alexandra Kollontai, Julieta Paredes, Precarias a la deriva, Madeleine Vernet und Clara Zetkin.
Buchpräsentation im Rahmen vom „Frauenstudienzirkel“ (Web)
Zeit: 23.03.2023, 18.00 Uhr
Ort: ega-Frauen im Zentrum, Windmühlgasse 26, 1060 Wien
Anmeldung bei der Veranstalterin Hildegard Steger-Mauerhofer an: mauerhofer@chello.at
Julia Harnoncourt schloss ihr Magisterstudium der Geschichte 2012 an der Universität Wien ab. Ihre Masterarbeit, das Ergebnis einer umfangreichen Archivrecherche, befasst sich mit Bevölkerungspolitik im kolonialen Algerien des 19. Jahrhunderts und wurde 2014 veröffentlicht. Ihre spätere Doktorarbeit wurde ebenfalls veröffentlicht. „Unfreie Arbeit: Trabalho escravo in der brasilianischen Landwirtschaft“ ist das Ergebnis einer Interviewstudie, die in Pará, einem Bundesstaat im brasilianischen Amazonasgebiet, durchgeführt wurde. Darüber hinaus ist Julia Harnoncourt als Lehrbeauftragte an der Universität Wien tätig und veröffentlicht Artikel über Rassismus, Widerstandsbewegungen gegen den Kolonialismus, neuere gesellschaftliche Probleme, zum Beispiel die Lebenssituation von Flüchtlingen in Österreich.
Julia Harnoncourt (Hg.): Befreiung der Frau. Texte zur Geschichte eines weltweiten Kampfes, Wien: Promedia, 2022 (Web)