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Frauenstudienzirkel – Programm im 1. Halbjahr 2025: Wilhelmine Goldmann: „Rote Banditen“ | Dunja Larise: Helene Bauer | Elfriede Fritz: Hertha Firnberg | Global, Female, Future | Karin Berger: Der Himmel ist blau, 01-05.2025, Wien

„Jede Frau sollte mindestens ein Jahr lang Frauengeschichte studieren, egal, was sie sonst macht. Jede Frau ändert sich, wenn sie erkennt, dass sie eine Geschichte hat.“
Dieses berühmte Zitat von Gerda Lerner (1920-2013), der Exil-Österreicherin, Historikerin und Begründerin der Women History-Studies in den USA ist das Motto des Frauenstudienzirkels (Web), den frida-Mitglied Hildegard Steger-Mauerhofer 2007 ins Leben gerufen hat.

Ort: ega – Frauen im Zentrum, Windmühlgasse 26, 1060 Wien
Zeit: jeweils Donnerstag, 18.00 Uhr

Programm im 1. Halbjahr 2025

  • 23.01.2025: Wilhelmine Goldmann: „Rote Banditen“. Geschichte einer sozialdemokratischen Familie (Promedia 2023)
  • 20.02.2025: Dunja Larise: Helene Bauer: Intellektuelle, Ökonomin, Austromarxistin. Schriften zur politischen Ökonomie 1919-1936 (Mandelbaum 2024)
  • 20.03.2025: Elfriede Fritz: Hertha Firnberg (1909-1994). Grande Dame der Sozialdemokratie
  • 24.04.2025: Global, Female, Future: Wie feministische Kämpfe Arbeit, Ökologie und Politik verändern (Kremayr&Scheriau 2022) (Vorankündigung)
  • 22.05.2025: Karin Berger: Der Himmel ist blau. Kann sein. Frauen im Widerstand. Österreich 1938–1945 (Promedia 2023)

23.01.2025
Wilhelmine Goldmann: „Rote Banditen“. Geschichte einer sozialdemokratischen Familie (Promedia 2023)

Wilhelmine Goldmann gehört zu den VertreterInnen jener Generation, die erst sehr spät angefangen hat, Fragen zu stellen. Die Geschichte ihrer Familie, vor allem die folgenschweren Auswirkungen des österreichischen Bürgerkriegsjahres 1934, blieb ihr lange verborgen. Es bedurfte mühsamer Recherchearbeit, um sie an die Oberfläche zu holen. Das Ergebnis ist eine über das Private hinausgehende Erzählung einer österreichischen Arbeitergeschichte. Am Beispiel ihrer Eltern macht Wilhelmine Goldmann die Entwicklung der Arbeiterklasse aus tiefem Elend zu Bildung und Wohlstand sichtbar. Ausgangspunkt ist der Industrieort Traisen im südlichen Niederösterreich.
Den Eltern der Autorin war trotz Schulerfolgen eine höhere Bildung verschlossen. Immerhin konnte der Vater eine Lehre als Schriftsetzer abschließen, die Mutter erkämpfte sich einen Platz in der Handelsschule. Schon in ihrer Jugend begannen beide, sich politisch zu engagieren. Als überzeugte SozialdemokratInnen kämpften sie für Gerechtigkeit und Bildung und verteidigten im Schicksalsjahr 1934 die demokratische Republik gegen die Dollfuß-Diktatur. Nach 1945 nahm Goldmanns Vater seine politische Tätigkeit in Traisen wieder auf, engagierte sich am Wiederaufbau der Republik und wurde 1961 zum Bürgermeister von Traisen gewählt. Die schmerzliche Erfahrung des Jahres 1934 hat nicht nur das Leben seiner Generation geprägt, sie ist bis heute Konfliktstoff in der österreichischen Innenpolitik. Den Hass der „Bürgerlichen“ auf die „Sozis“ hat die Autorin auch in ihrem Berufsleben verspürt und sich immer gefragt: Wo kommt er her? Ihre Familiengeschichte ist der eindringliche Versuch einer historischen Klärung, der bis heute in beiden politischen Lagern ausgewichen wird, weshalb das Trauma des Bürgerkrieges immer wieder wie eine klaffende Wunde aufbricht.

Wilhelmine Goldmann, geboren 1948 in Traisen, Studium an der Hochschule für Welthandel, Ausbildung zur Diplomkauffrau. Nach 20 Jahren Tätigkeit in der Arbeiterkammer Wien wirkte sie 16 Jahre lang als Managerin in Führungspositionen der ÖIAG, beim Postbus und in der ÖBB Personenverkehr AG. Danach war sie Aufsichtsrätin in verschiedenen Unternehmen, Kuratoriumsvorsitzende der Salzburger Festspiele und Universitätsrätin an der Kunstuniversität Graz. Sie lebt in Wien.

20.02.2025
Dunja Larise: Helene Bauer: Intellektuelle, Ökonomin, Austromarxistin. Schriften zur politischen Ökonomie 1919-1936 (Mandelbaum 2024)

Man schreibt das Jahr 1914. Ein ungewöhnlicher Zeitpunkt für eine polnische Jüdin, ihren Ehemann zu verlassen und nach Wien zurückzukehren. Helene Gumplowitz-Landau riskiert es aus Leidenschaft für den Sozialismus und aus Liebe zu dem zehn Jahre jüngeren Otto Bauer, dem führenden österreichischen »Austromarxisten«. Helene Bauer macht sich als Marxistin in Wiener intellektuellen Kreisen der Ersten Republik einen Namen. Sie polemisiert als eine der ersten Ökonominnen gegen die Väter des Neoliberalismus, Ludwig Mises und Friedrich Hayek, ermahnt Otto Neurath über die Mängel einer geldlosen Wirtschaft, trit gegen den damals einflussreichsten Philosophen Österreichs Ottmar Spann auf und warnt als eine der ersten vor den Gefahren der großen Depression der 1930er Jahre als Grundlage für den Aufstieg des Faschismus. Sie stirbt im amerikanischen Exil und wird als Jüdin und Sozialistin in der Zweiten Republik weitgehend vergessen. 100 Jahre später sind ihre Analysen der Krisen aus ihrer Zeit erstaunlich aktuell und bieten Lösungsansätze für unsere Krisen.

Dunja Larise ist Philosophin und Politikwissenschafterin. Sie promovierte in Wien und hatte Forschungsstellen an verschiedenen Universitäten, wie der Europäischen Universität in Florenz, Sciences Po in Paris, Yale University und Zentraleuropäischen Universität in Budapest. Sie leitet das Austromarxismus Projekt der Transform Europe.

20.03.2025
Elfriede Fritz: Hertha Firnberg (1909-1994). Grande Dame der Sozialdemokratie

Als im Frühling 1970 die SPÖ zum ersten Mal eine zunächst relative Mehrheit erhielt, nahm Kanzler Kreisky die Frauenvorsitzende der Partei, Dr. Hertha Firnberg, als erste Ministerin der SPÖ und erste Ministerin für Wissenschaft und Forschung, zuständig auch für die Kunst, in sein Kabinett auf. Kanzler Kreisky blieb sie in seiner langen Amtszeit (1970-19983) als Ministerin erhalten, obwohl sie immer Wert darauf, Bundesminister zu sein.
1963 von ihrer politischen Heimat, dem Bezirk Favoriten, in den Nationalrat entsendet, wurde sie 1966 auch Vorsitzende des SPÖ-Bundesfrauenkomitees und der Sozialistischen Frauen. Als Statistikerin hatte sie sich einen Namen gemacht. Sie wollte nicht auf Frauenfragen reduziert werden, wiewohl sie vehement für die gleichberechtigte Integration von Frauen in die Gesellschaft und ihre volle Gleichstellung auf allen Ebenen eintrat, besonders für die unter Christian Broda gelungene Reform des Abtreibungsparagraphen 144 und die Abschaffung der Vorrangstellung des Ehemannes im Allgemein Bürgerlichen Gesetzbuch. Mit dem UOG 1975 konnte gegen heftigen Widerstand der Professorenschaft die Drittelparität an den Universitäten eingeführt werden.“

Elfriede Fritz, Juristin, war im Bundesministerium für Finanzen langjährige Vorsitzende der Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen, Gender Mainstreaming, Beauftragte und Abteilungsleiterin im Zollbereich. Sie war Mitglied der Bundes-Gleichbehandlungskommission und der – bei der Frauenministerin eingerichteten – Interministeriellen Arbeitsgruppen für Gleichbehandlungsfragen und für Gender Mainstreaming/ Budgeting. 1995 war sie Delegierte bei der UN-Weltfrauenkonferenz in Peking. An der Johannes Kepler Universität Linz war sie Lehrbeauftragte zu „Legal Gender im Steuerrecht“.

24.04.2025 (Vorankündigung)
Global, Female, Future: Wie feministische Kämpfe Arbeit, Ökologie und Politik verändern (Kremayr&Scheriau 2022)

Wir schreiben das turbulente Jahr 1982: Der Krieg um die Falklandinseln tobt, der deutsche sozialdemokratische Regierungschef Helmut Schmidt stürzt über ein Misstrauensvotum. 500.000 Menschen protestieren in Bonn gegen die Aufstellung neuer Atomsprengköpfe, in Wien fordern 70.000 die atomare Abrüstung. Frauen organisieren Sitzblockaden, sie fordern Abrüstung „im Privaten“ und im „Öffentlichen“ – und das Recht auf Selbstbestimmung, auch für die Frauen der südlichen Erdhalbkugel. Mitten in dieser Umbruchstimmung treffen in Wien einige Aktivistinnen zusammen und wenden sich lautstark gegen die Frauenfeindlichkeit in der Entwicklungshilfe – die Geburtsstunde der Frauensolidarität.
40 Jahre später blicken die Mitbegründerinnen Andrea Ernst und Gerda Neyer zusammen mit den Mitstreiterinnen Ulrike Lunacek, Rosa Zechner und Andrea Zelinka zurück auf vier Jahrzehnte feministischer Arbeit, aber auch nach vorne. Wie analysieren junge Aktivistinnen die Themen von damals? Was bedeutet transnationale Arbeit für Migrantinnen heute? Welche Strategien haben Kämpferinnen gegen Umweltzerstörung und Klimawandel entwickelt? Und wie umgehen mit der immer wieder alle Lebensbereiche durchsetzenden sexistischen Gewalt? Entstanden ist ein vielstimmiges Buch mit und über Frauen des globalen Südens.

22.05.2025
Karin Berger: Der Himmel ist blau. Kann sein. Frauen im Widerstand. Österreich 1938–1945 (Promedia 2023)
Karin Berger, Elisabeth Holzinger, Lotte Podgornik und Lisbeth N. Trallori (Hg.): Der Himmel ist blau. Kann sein (Promedia 2023)

27 Österreicherinnen erzählen über ihren Widerstand gegen das Nazi-Regime, über ihre List, ihren Mut, ihre Solidarität, aber auch über ihre Angst vor Folter und Tod. Käthe Sasso, Irma Schwager, Oswalda Tonka, Helene Kuchar-Jelka, Rosl Grossmann-Breuer oder Agnes Primocic sind darunter. Mit all ihrem Mut stellten sie sich dem Nazi-Terror entgegen, wurden dafür verfolgt, eingesperrt und überlebten nur knapp. „Wenn er mir gesagt hätte, der Himmel ist blau, hätte ich gesagt: Kann sein“, beschreibt Mali Fritz ein mögliches Gespräch mit einem ihrer Peiniger. „Unter keinen Umständen hätt’ ich der Gestapo was zugegeben. Für mich war eine absolute Kluft zwischen ihnen und mir. Diese Kluft war unüberbrückbar.“
40 Jahre nach Beendigung des Krieges machten sich die vier Herausgeberinnen auf den Weg zwischen Eisenstadt, Dornbirn und Eisenkappel/Železna Kapla, um die Geschichten dieser Frauen aufzuzeichnen. Manche von ihnen hatten individuell gegen das NS-System gekämpft, andere organisiert, sie halfen KZ-Häftlingen und Verfolgten bei der Flucht, verbreiteten illegal Nachrichten, übten Sabotage in Fabriken, lebten im Wald als Partisaninnen. Viele schafften es, der Folter durch die Gestapo zu widerstehen und in den Gefängnissen ihren Mut aufrechtzuhalten. Vielen Frauen wurde nach ihrer Rückkehr aus den Konzentrationslagern und Gefängnissen nicht geglaubt, auch nach Kriegsende und Befreiung erlebten sie politische Diskriminierung und gesellschaftliche Ausgrenzung. Der erstmals im Jahr 1985 erschienene Band wurde neu gestaltet und editiert sowie mit einem aktuellen Vorwort versehen.
„Ein ungemein wichtiges, längst schon überfälliges Buch über weibliche Menschen, die unseren ganzen nationalen und patriotischen Stolz ausmachen müssen.“ (Elfriede Jelinek zur Erstausgabe)

Die Herausgeberinnen:
Karin Berger: Studium der Ethnologie und Politikwissenschaft, Dokumentarfilmregisseurin, Forscherin, Autorin
Elisabeth Holzinger: Studium der Politikwissenschaft, Autorin, Filmemacherin
Lotte Podgornik: Studium der Geschichte und Germanistik, Publizistin und Lehrende für Deutsch als Fremdsprache
Lisbeth N. Trallori: Feministische Soziologin und Politikwissenschafterin, Lehre und Forschung an österreichischen Universitäten, Autorin und Publizistin