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Vortrag: Gertrude Langer-Ostrawsky: Das Anmerkungsbuch der Elise Fischer (1848-1850). Ein Editionsprojekt, 02.06.2023, Wien

Elise Fischer (1828-1879): jung, protestantisch, liberal, mit einem Katholiken in einer gemischt konfessionellen Ehe verheiratet, Zeitzeugin der 1848er-Revolution in Wien.

Ihre Aufzeichnungen beginnen während der Revolution, deren Ziele Elise Fischer begeistert unterstützt. Als überzeugte Protestantin erlebt sie mit Genugtuung die Aufhebung von Beschränkungen ihrer Konfession. Breiten Raum nehmen die Familie, der Briefwechsel mit der weit entfernt lebenden Schwester, Verwandten und Freundinnen ein. Elise Fischer berichtet über Heiraten, Geburten und Todesfälle in der evangelischen Community ebenso wie über Unterhaltung und Ausflüge. Persönliche Aussagen hingegen sind kaum überliefert, eine Ausnahme bildet ein (inserierter) Brief über die Geburt ihres ersten Kindes.
Eine methodische Herausforderung liegt in der Quellenkritik – es ist nur eine Abschrift aus dem Jahre 1912 überliefert. Für die Identifikation und Kontextualisierung von Elise Fischer als Person war intensive Recherche nötig; außer ihrem Namen gab es keine weiteren Informationen.
Elise Fischer gehörte als Protestantin zu einer Minderheit in der katholischen Haupt- und Residenzstadt – Selbstzeugnisse aus dieser Gruppe sind selten. Obwohl diese Überlieferung nur einen Zeitraum von drei Jahren umfasst, bietet ihr Anmerkungsbuch doch vielfältige Ansätze zur Analyse des liberalen protestantischen Bürger:innentums im 19. Jahrhundert – vor allem zur Geschlechtergeschichte und zur Frage familiärer Beziehungen.

21. „Tea Hour“ der Sammlung Frauennachlässe am Institut für Geschichte der Universität Wien (PDF)

Zeit: Fr., 02.06.2023, 15.00 c.t. bis 17.00 Uhr
Ort: Lesesaal der Fachbereichsbibliothek Geschichtswissenschaften, Univ. Wien, Universitätsring 1, 2. Stock, 1010 Wien

Moderation: Christa Hämmerle

Gertrude Langer-Ostrawsky: geb. 1953, Studium der Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Wien, Dissertation bei Prof. Michael Mitterauer, Ausbildungskurs am Institut für österreichische Geschichtsforschung, 1983-2018 Archivarin am NÖ Landesarchiv, 2010-2018 stv. Direktorin, seit 1995 Lehrbeauftragte an der Universität Wien. Forschungsschwerpunkte: Frauen- und Geschlechtergeschichte, Ehegüterrecht, Alter, Testamente. Publikation mit Margareth Lanzinger (et al.): Aushandeln von Ehe. Heiratsverträge der Neuzeit im europäischen Vergleich (L’HOMME Archiv 4) Köln u.a. 2. Auflage 2015.

In der Veranstaltungsreihe „Tea Hour“ der Sammlung Frauennachlässe werden neue Forschungsprojekte oder Präsentationsformen vorgestellen, die auf der Grundlage von Quellen aus der Sammlung Frauennachlässe durchgeführt werden, oder in einem Zusammenhang damit stehen. (Web)