In kriegerischen Auseinendersetzungen findet auch Gewalt gegen die Zivilbevölkerung statt. Der Vortrag beschäftigt sich mit dem Ersten Weltkrieg: Was genau berichten österreichisch-ungarische Kriegsteilnehmer:innen, wenn sie von Gewalt gegen die Zivilbevölkerung in den verschiedenen Kriegs- und Besatzungsgebieten schreiben? Welche Deutungsmuster und Narrative kommen dabei zum Ausdruck? Wo stoßen wir auf diskursive Grenzen, über was verlieren die Schreibenden nur wenige oder keine Worte in ihren Aufzeichnungen? Ziel des Vortrages ist es, den Wert von Selbstzeugnissen rangniedriger Kriegsteilnehmer:innen für die Gewaltgeschichte der k.u.k. Armee im Ersten Weltkrieg sichtbar zu machen.
Für die kritische Erforschung der Gewaltgeschichte der österreichisch-ungarischen Streitkräfte im Ersten Weltkrieg, die sich dezidiert auch mit Vergehen von Soldaten gegen Zivilist:innen befasst, sind in den letzten Jahren zunehmend Selbstzeugnisse in den Fokus von Historiker:innen gerückt. Der Vortrag beschäftigt sich mit ausgewählten Kriegstagebüchern und Erinnerungsberichten von Mannschaftssoldaten sowie Nichtkombattant:innen, die etwa als medizinisches oder geistliches Personal für die k. u. k. Armee arbeiteten, und deren Stimmen lange nur eine marginale Rolle in der österreichischen Erinnerung an den Ersten Weltkrieg spielten. In ihren Aufzeichnungen berichten sie in unterschiedlichem Ausmaß und auf vielfältige Weisen über verschiedene Gewaltformen gegen Zivilist:innen, etwa von der Zerstörung von Dörfern über Plünderungen, Flucht und sexuelle Gewalt bis hin zu Hinrichtungen.
Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung (BIK) (Web)
Zeit: 04.03.2025, 17:30-19:00 Uhr
Ort: BIK, Georg-Coch-Pl. 2, 1010 Wien
Anmeldung (Web)
Programm
– Begrüßung: Lukas Schretter (BIK)
– Einführung: Christa Hämmerle (Univ. Wien)
– Vortrag: Lisa Kirchner (Univ. Wien)
– Kommentar: Hannes Leidinger (BIK)
Lisa Kirchner, BA MA ist DOC-Stipendiatin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften am Institut für Geschichte der Univ. Wien. Aktuell arbeitet sie an ihrem Promotionsprojekt „Zwischen Schreiben und Schweigen – Gewalterfahrungen in Tagebüchern und autobiografischen Texten des Ersten Weltkrieges (Österreich-Ungarn)“. Sie studierte Geschichte und Politikwissenschaften (BA) an der Friedrich-Schiller-Univ. Jena sowie Matilda – Women’s and Gender History (MA) an der Univ. Wien und der Central European Univ. Budapest. Ihre Forschung ist u.a. aufgebaut auf Quellen aus dem Bestand der Sammlung Frauennachlässe, einer der Mitgliedseinrichtungen von frida.