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Vortrag: Sarah Probst: Feminismus in der Kleinstadt. Eine mikrohistorische Spurensuche in Solothurn, 06.12.2022, Wien und virtueller Raum

War der Widerstand der Feministinnen in den 1970er- und 1980er-Jahren freiwillig? Oder hatten sie überhaupt eine Wahl? Diese zentrale Frage untersucht Sarah Probst in ihrer Dissertation am Beispiel der Schweizer Kleinstadt Solothurn:

“Die Aktivistinnen, deren freiwilliges Engagement ich in meiner Arbeit untersuche, waren vom vorenthaltenen Stimmrecht betroffen, von fehlenden Frauenhäusern und Anlaufstellen für frauenspezifische Fragen, Problemen und Nöten, von dominanten Männern in Machtpositionen und innerhalb der alternativen linken Bewegungen, von sexistischer Diskriminierung und sexueller Gewalt, von kleinen oder gar keinen Löhnen, kurz: sie waren betroffen von patriarchaler Gewalt, vom Patriarchat der 1970er- und 1980er-Jahren. Und sie haben sich dagegen gewehrt. War dieser Widerstand freiwillig? Oder hatten sie überhaupt eine Wahl? Welche Schlüsse ermöglicht der Zugang über die Analysekategorie Freiwilligkeit zur Feminismusgeschichte in der Kleinstadt? Und zum Schluss: (Wie) Kann eine mikrohistorische Herangehensweise für die Untersuchung der Frauenbewegung fruchtbar gemacht werden? Diese Fragen sind für meine Dissertation zentral. Im Referat werde ich ins feministisch bewegte Solothurn der 1970er- und 1980er-Jahre hineinzoomen. Im Mittelpunkt stehen Herausforderungen, die eine Kombination von Feminismus- und Mikrogeschichte mit sich bringen, sowie Chancen und Konfliktfelder, die durch die thematische und personelle Nähe von mir als Forscherin zum Untersuchungsgegenstand bedingt sind.”

Vortrag im Rahmen des “WISO-Abendkolloquium”, Wintersemester 2022/23 (PDF)

Zeit: Di., 06.12.2022, 18.00-19.30 Uhr
Ort: Seminarraum Geschichte 1, Universitätsring 1, 1. Stock, 1010 Wien und virtueller Raum
Zoom-Link: univienna.zoom.us/j/68503202024

  • Der Vortrag findet statt als Abendveranstaltung von dem Workshop “Formen der Arbeit: Zwischen Freiwilligkeit und Zwang” (Web)
  • Moderation: Margareth Lanzinger

Sarah Probst forscht als Doktorandin im SNF-Projekt “Freiwilligkeit und Geschlecht. Neuverhandlung der gesellschaftlichen Arbeitsteilung seit den 1970er-Jahren”, das an der Universität Freiburg in der Schweiz von Regula Ludi und Matthias Ruoss geleitet wird (Web).

Projektbeschreibung: “Freiwilligkeit ist ein Thema von grosser Aktualität. In der Schweiz ist die Bereitschaft zum unentgeltlichen Engagement anhaltend hoch. Das hat die COVID-19-Pandemie eindrücklich gezeigt. Hingegen haben sich Praktiken und Rahmenbedingungen der Freiwilligkeit in den letzten Jahrzehnten stark verändert. War die ehrenamtliche Tätigkeit lange selbstverständlich, so wird heute laut darüber gesprochen. Freiwillige Einsätze gelten als Pluspunkt im CV. Appelle an Freiwillige propagieren gerne die sinnstiftende Qualität des unentgeltlichen Engagements. Wohltätige Organisationen bieten Gegenleistungen, um Freiwillige anzuwerben, während das politische Ehrenamt seinen Glanz verloren hat und Gemeinden bei der Besetzung kommunaler Ämter mit Rekrutierungsprobleme kämpfen.

Das Projekt fragt nach den Ursachen und Auswirkungen dieses Wandels. Ausgangspunkt der Überlegungen bildet die strukturelle Verzahnung von Freiwilligkeit mit der Geschlechterordnung. Das Forschungsinteresse gilt einer Epoche, die im Zeichen des neoliberalen Umbaus von Wirtschaft, Staat und Gesellschaft steht. Seit den 1970er-Jahren haben die Prinzipien des Wettbewerbs und des individuellen Erfolgs immer weitere Lebensbereiche erfasst und durchdrungen. Parallel dazu führten die neue Frauenbewegung, die steigende Frauenerwerbstätigkeit und der Eintritt der Schweizerinnen in die institutionelle Politik zu einer Neuverhandlung der gesellschaftlichen Arbeitsteilung. Thematisch … ” weiterlesen (Web).